Klassenraumlüftung – Chance für gesunde Luft in unseren Schulen

Die Problematik – „Dicke Luft“
Die schlechte Luftqualität in Klassenräumen ist nicht nur eine von vielen Betroffenen wahrgenommene Situation, sondern eine durch zahlreiche Untersuchungen und Studien belegte Tatsache. Der Einfluss des CO2-Gehalts auf die Konzentrationsfähigkeit ist unumstritten. Bei Werten ab der Pettenkofergrenze (1000 ppm) lässt das Denkvermögen langsam nach, ab 1500 ppm (Hygienegrenze) ist die Konzentrationsfähigkeit stark beeinträchtigt – Unwohlsein, Kopfschmerzen udgl. nehmen zu. Mittlere CO2-Werte von 2000 – 3000 ppm sind in Klassenräumen derzeit aber die Regel.

Untersuchung – „Dicke Luft“
Im Rahmen einer Studie (1) wurde die Luftqualität in 20 oberösterreichischen Klassenräumen untersucht. Die Auswahl der Klassen in Bezug auf Gebäudealter, Schulstufe und Belegung stellt einen repräsentativen Querschnitt dar. Neben Formaldehyd und flüchtigen organischen Stoffen wurde vor allem der CO2-Wert gemessen. Die Ergebnisse waren ernüchternd. In 75% aller untersuchten Klassenräume lag die CO2-Konzentration weit über der Hygienegrenze von 1500 ppm (Tabelle 1).

Lösungsansatz
Untersuchungen verschiedener Lüftungs-Strategien für die Schullüftung mit Hilfe eines Simulations-Tools (2) in Bezug auf CO2-Verlauf ergaben auch bei ausgiebiger Fensterlüftung in allen Pausen CO2-Werte von über 3000 ppm (Diagramm 1). Die einzigen Möglichkeiten, die CO2-Werte im akzeptablen Bereich zu halten, sind eine ständige Fensterlüftung (auf Grund der Behaglichkeit nicht durchführbar) oder die Lüftung über eine mechanische Lüftungsanlage (Diagramm 2).

ÖNORM H 6039
Die ÖNORM H 6039 „Lüftungstechnische Anlagen – Kontrollierte mechanische Be- und Entlüftung von Schul-, Unterrichts- oder Gruppenräumen“ gibt fundierte Planungsgrundlagen für die Projektierung von Lüftungsanlagen in Klassenräumen, Kindergärten oder ähnlichen Gruppenräumen vor.

Außenluftvolumenströme
Für die Ermittlung der Außenluftvolumenströme wurden je nach zu vereinbarender Raumluftqualität (IDA 3 – CO2-Konzentrationserhöhung bis 800 ppm bzw. IDA 4 – CO2-Konzentrationserhöhung bis 1200 ppm) die Werte altersbezogen nach der metabolischen CO2-Emission berechnet (Tabelle 2). Somit sind teilweise deutlich geringere Volumenströme möglich als mit den bisher üblichen Standardwerten (30 – 36 m³/h) – bei gleichzeitiger Einhaltung der Grenzwerte. Dadurch sind geringere Anlagengrößen und somit auch geringere Anlagenkosten möglich – geringere Anlagengrößen vereinfachen auch den Einbau von Lüftungsanlagen im Sanierungsbereich. CO2-Messungen bei einigen ausgeführten Anlagen haben ergeben, dass bei Dimensionierung der Anlage mit den in der Tabelle 2 nach IDA 4 angeführten Außenluftvolumenströmen maximale Konzentrationen (Absolutwerte) von 1100 bis 1200 ppm erreicht werden.

Raumluftfeuchte
Durch diese geringeren Volumenströme ist es zwar einfacher die Raumluftfeuchte im Behaglichkeitsbereich zu halten – durch den kontinuierlichen Betrieb der Lüftungsanlagen und witterungsbedingten Situationen (geringe absolute Außenluftfeuchte bei sehr tiefen Temperaturen) kann es fallweise trotzdem zur Unterschreitung des Feuchtegrenzwertes kommen. Bei Verwendung einer CO2 geführten Luftmengenregelung gibt es erfahrungsgemäß keine Probleme mit der Unterschreitung des Feuchtegrenzwertes.

Schall
Wesentlich für gesundes Lernen ist nicht nur die Raumluftqualität sondern auch die Geräuschbelastung z.B. durch haustechnische Anlagen. Naturgemäß sind die Anforderungen je nach Raumnutzung unterschiedlich – so sind in Ruheräumen in Kindergärten oder in Musikzimmern in Schulen A-bewertete Schalldruckpegel von 30 dB(A), in normalen Klassenräumen 35 dB(A) und in Werkräumen oder Spielzimmern 40 dB(A) einzuhalten. Die angeführten Werte beziehen sich auf eine Nachhallzeit (Raumakustik) von 1 (s). Beim Neubau von Schulen und Kindergärten sollte bei rechtzeitiger Beiziehung eines Haustechnikplaners eine entsprechende Ausführung mit Lüftungsgeräten in Technik- oder Nebenräumen und Platz für Schalldämpfer kein Problem darstellen. Die Sanierung von Schulen (in den nächsten Jahren das Hauptbetätigungsfeld wegen des hohen sanierungsbedürftigen Altbestandes) stellt jedoch auf Grund der teilweise beschränkten technischen (Aufstellung des Lüftungsgerätes nur im Klassenraum möglich) oder finanziellen (technisch nur mit hohem und somit teurem Installationsaufwand realisierbar) Möglichkeiten hohe Anforderungen an Planer (sorgfältige Anlagenkonzeption) und Industrie (Bereitstellung entsprechend leiser Lüftungsgeräte).

Wärmerückgewinnung und Energieeinsparung
Der Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist eigentlich zwingend erforderlich – ansonsten ist ein Nachweis über die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit gemäß ÖNORM M 7140 bzw. ÖNORM EN 13779 nachzuweisen. Die Energieeinsparung einer Anlage mit Wärmerückgewinnung gegenüber einer Anlage ohne Wärmerückgewinnung (berechnet nach durchschnittlichen Betriebszeiten in Schulen) beträgt ca. 50 kWh/m²a. Im Vergleich zur Fensterlüftung ist diese Einsparung allerdings nur ein theoretischer Wert – er setzt voraus, dass über die Fensterlüftung der gleiche Außenluftwechsel wie über eine mechanische Lüftungsanlage erfolgt – in der Praxis ergeben sich für den Betreiber nach Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung gegenüber der Fensterlüftung eine Energieeinsparung von ca. 10 kWh/m²a.

Hauptgrund für den Einbau einer Lüftungsanlage in Schulen und Kindergärten muss die Verbesserung der Luftqualität sein – für besseres Lernen als auch bessere Arbeitsplatzqualität.

(1)Untersuchnung raumlufttechnischer Parameter in oberösterreichischen Schulen; Alexander Brandl, Peter Tappler, Felix Twrdik, Bernhard Damberger
(2) CO2-Modell.xls; Peter Tappler, Felix Twrdik